Historisches
Mehr als 350 Jahre reichen die Zeugnisse zurück über Orgeln und Orgelspiel in Wellingholzhausen:
1645
Neubau einer Orgel in St. Bartholomäus durch Hans Henrich Reinking, “Orgelmaker in Bielefeld”. Über dieses Instrument ist nichts Näheres bekannt; nach den Werkstattgepflogenheiten von Reinking dürfte es sich um eine Springladenorgel gehandelt haben.
1651/53
Erste Erwähnung von Organisten in Wellingholzhausen: Johann Otto und Heinrich Schwanemöller.
1806/07
Neubau einer Orgel durch Georg Heinrich Quellhorst (1770–1836) und Heinrich Gottfried Mügge. Es handelte sich um eine zweimanualige Schleifladenorgel mit 22 Registern.
ca. 1855
Übertragung der Quellhorst/Mügge-Orgel in die wegen des Kirchneubaus erstellte Notkirche.
1861/62
Der Orgelbauer Carl Krämer, Osnabrück, stellte die Orgel von der Notkirche in die neu erbaute Pfarrkirche. Dabei erhielt sie ein neues Gehäuse nach einer Zeichnung des Bildhauers Prange, Münster. Krämer verwendete das noch brauchbare alte Material und ergänzte es durch Neuanfertigungen.
1922
Die Fa. Haupt, Osnabrück, ersetzte die Prospektpfeifen, die im Krieg abgegeben worden waren. Nach dem Urteil von Haupt ist die Orgel total verwurmt.
1926/27
Neubau einer dreimanualigen Orgel mit 40 Registern auf pneumatischen Kegelladen nach einem Entwurf von Pater Gregor Schwake, Gerleve, durch die Fa. Rudolf Haupt, Osnabrück. Die neue Orgel wurde von Anfang an kritisch beurteilt.
1960
Völliger Umbau der Haupt-Orgel und Neudisposition durch Kemper, Lübeck.
1986
Abbruch der irreparabel gewordenen Orgel und Einlagerung der brauchbaren Register durch die Fa. Alfred Führer, Wilhelmshaven.
Die heutige Orgel
Am 26. November 1989 wurde die jetzige Orgel eingeweiht, erbaut durch die Orgelbaufirma Alfred Führer aus Wilhelmshaven.
Es handelt sich um eine dreimanualige, vollmechanische Schleifladenorgel mit 38 Registern. Das Gehäuse aus massiver Eiche und die gesamte Wind- Spiel- und Registeranlage wurden neu hergestellt. Das Pfeifenwerk besteht zu ca. zwei Dritteln aus dem Material der Vorgängerorgel, ein Drittel wurde von Führer neu angefertigt bzw. stammt aus Lagerbeständen.
Nach zwei Jahrzehnten des Gebrauchs in Liturgie und Konzert darf man das Werk von A. Führer mit Hochachtung und großem Lob beurteilen. Das Plenum klingt voll, aber nie aufdringlich im Raum, der noble Prospekt-Prinzipal mit Gravität und Klarheit, die alten Zungenstimmen von Haupt sind kräftig intoniert und – wenn man so will – mit rustikalem Charme. Ein Highlight sind die labialen Grundstimmen und die Oboe 8’ des Schwellwerks, die allein oder in Mischungen vielfältige Farbtöne und Stimmungen erzeugen können. Immer wieder gelobt wird die herausragende Tischlerarbeit des Gehäuses, in dem fast ausschließlich massive Eichenhölzer und -bretter verwendet sind. Der neunteilige Prospekt mit seinem Wechsel aus Halbrundtürmen und Flachfeldern fügt sich harmonisch in den neugotischen Raum ein; dabei korrespondieren die Türme und ihre profilierten Bedachungen mit den wuchtigen Säulen des Kreuzgewölbes, die schlanken, im Verhältnis zu ihrem Durchmesser fast unwirklich langen Pfeifen der Flachfelder mit den schmalen Profilen der gotischen Fenster.
Nicht zuletzt muss noch die stete Zuverlässigkeit des Instrumentes hervorgehoben werden, die die grundsolide Bauweise und das handwerkliche Können der Erbauerfirma zeigt.
Disposition
I. Manual (Hauptwerk), C – g”’ | ||||
Bordun | 16′ | Haupt 1927 | ||
Principal | 8′ | neu | ||
Rohrflöte | 8′ | neu | ||
Oktave | 4′ | neu | ||
Gedacktflöte | 4′ | Lager (Marcussen 1886) | ||
Quinte | 2 2/3′ | (Vorabzug) | ||
Sesquialtera 2f. | +1 3/5′ | Kemper 1960 | ||
Oktave | 2′ | Kemper 1960 | ||
Mixtur 4-6f. | 1 1/3′ | Haupt/Kemper | ||
Fagott | 16′ | Haupt 1927 | ||
Trompete | 8′ | Haupt 1927 | ||
Clairon | 4′ | neu | ||
Tremulant | ||||
III/I II/I |
II. Manual (Schwellwerk), C – g”’ | ||||
Gedackt | 16′ | Lager | ||
Principal | 8′ | neu | ||
Hohlflöte | 8′ | Haupt 1927 | ||
Gamba | 8′ | Lager | ||
Vox celeste 2f. | 8′ | Lager | ||
Principal | 4′ | Haupt/Kemper | ||
Schweizerpfeife | 4′ | Haupt/Kemper | ||
Nasard | 2 2/3′ | Haupt/Kemper | ||
Oktave | 2′ | Haupt/Kemper | ||
Terz | 1 3/5′ | Haupt/Kemper | ||
Mixtur 5f. | 2′ | neu | ||
Oboe | 8′ | Haupt 1927 | ||
Tremulant | ||||
Zimbelstern |
III. Manual (Brustwerk), C – g”’ | ||||
Gedackt | 8′ | Lager | ||
Quintadena | 8′ | neu | ||
Blockflöte | 4′ | neu | ||
Waldflöte | 2′ | neu | ||
Scharff 4f. | 1′ | Kemper 1960 | ||
Krummhorn | 8′ | neu | ||
Tremulant |
Pedal, C – f’ | ||||
Principal | 16′ | Haupt 1927 | ||
Subbass | 16′ | Haupt/Kemper | ||
Oktave | 8′ | neu | ||
Gedacktbass | 8′ | Haupt/Kemper | ||
Oktave | 4′ | neu | ||
Rauschpfeife 4f. | 2 2/3′ | Kemper 1960 | ||
Posaune | 16′ | neu (Becher haupt 1927) | ||
Trompete | 8′ | neu | ||
III/P II/P I/P | ||||
Koppeln als Handzug und Fußhebel Kollektivhebel I für Prinzipalregister im Pedal Kollektivhebel II für Prinzipalregister im Schwellwerk Schwelltritt | ||||
Mechanische Spiel- und Registertraktur Gesamtzahl der Pfeifen: 2.734 |
Konzeption und Bau
Planung und Ausführung der Arbeiten: Alfred Führer Orgelbau, Wilhelmshaven, 1989
Disposition: Franz-Josef Rahe, Thomas Pfeifer, Fritz Schild
Prospektentwurf: Fa. Alfred Führer nach einer Idee von Nikolaus Demann
Konstruktion: Hans Günter Pietruschka
Technische Leitung: Gerhard Deckena
Intonation: Matthias Gärtner, Martin ter Haseborg
Gesamtleitung: Fritz Schild